-Einfach verführt und benutzt, meine Lust vergiftet deinen Mund (copyright by Velvet Condom)

Anmerkung der Autorin: Der folgende Text nutzt das generische Femininum, kann jedoch 1:1 auf männliche Vertreter der Gattung übertragen werden.
…Es beginnt meist sanft: Sie weint vielleicht bei deinem ersten Gespräch. Sie sagt, sie fühlt sich von niemandem wirklich gesehen. Ihr tauscht Nummern. In den ersten Tagen versucht sie, jeden Abend da zu sein, oft mitten in der Nacht. Sie kennt jeden, aber niemand versteht sie – das sagt sie mehrmals.
Du fühlst dich besonders. Gebraucht. Vertraut.
Drei Wochen später weißt du, wer „falsch“ ist, wer sie verletzt hat, wer sie beneidet – und wer sich angeblich gegen euch verschworen hat.
Und ohne es zu merken, stehst du mitten in einem emotionalen Wurzelnetzwerk.
Gepflanzt von einer Person, die blüht, wo andere verwelken:
die Drama-Dryade.
Sie ist hoch emotional, charismatisch und wirkt tiefgründig. Schon bei ersten Begegnungen spricht sie über eigene Traumata, oft auch in Gruppensituationen, in denen ihr die Aufmerksamkeit mehrerer Menschen zuteil wird, Nähe erzeugt sie über gemeinsame Feindbilder.
Vertraulichkeit und kleinste Risse im Miteinander locken sie – wie Nebel, der in alte Gräber kriecht. In einer Gruppe von Menschen, die sich oft nicht ganz dazugehörig fühlen, bietet sie ein Gefühl von tiefer Verbindung. Dabei kann ihre Emotionalität mit Echtheit verwechselt werden und ihr Schmerz tief sitzende Beschützerinstinkte hervorrufen.
Hattest du schon einmal Erfahrungen mit einer Drama-Dryade, kommen dir die folgenden Sätze vielleicht bekannt vor:
„Ich hasse Drama, aber…“
„Ich bin einfach nur ehrlich – wenn das andere nicht aushalten, ist das nicht mein Problem“
„Alle anderen in der Szene sind falsch, du bist die Einzige, der ich vertraue!“
Dabei nutzt sie Nähe als Köder und nicht als Geschenk, sie bietet emotionale Intimität durch Beichten, tiefgründige Gespräche und gemeinsame Tränen. Aber was wie eine tiefe Verbindung wirkt, ist oft nur ihr Setzling, den sie in deiner Seele vergräbt.
Konflikte, die in der Szene oft schwer greifbar sind, nutzt sie als Bühne zur Selbstinszenierung, sie versteht ein Wort, einen Post, einen Blick falsch und schon entsteht der Auftakt zu einem Epos, ohne dass der Vorhang jemals fällt.
Dabei trägt sie den Konflikt aber niemals direkt aus. Stattdessen erzählt sie das, was sie stört, jemand anderem oder postet es öffentlich in Form von Zitaten. Dabei erschafft sie Atmosphäre statt Klarheit, und inszeniert ein emotionales Nebelspiel, in dem niemand mehr genau weiß, worum es eigentlich geht, außer die „Eingeweihten“.
Natürlich ist sie nie der Sturm, sondern der Baum, der vom Winde verweht wird, die ewig Leidende, egal, wie oft sie Menschen verletzt oder Gruppen spaltet. Wer sie kritisiert, wird als kalt oder empathielos dargestellt, denn sie fühlt doch so tief.
Hat sie genügend Emotionen ausgesogen, wie eine Schlingpflanze, die ihren Wirt erdrückt, wachsen ihre Wurzeln weiter: in neue Gruppen, neue Verbindungen und Verletzungen. Sie hinterlässt nichts, außer Schatten. Und eine Spur aus welken Worten.
Um nicht irgendwann von einer Wüste umringt zu sein, können folgende Ratschläge wirksam sein:
Vertraue deinem Bauch
Wenn sich etwas zu schnell zu intensiv anfühlt, ist das kein Beweis für Seelenverwandtschaft, sondern oft ein Warnzeichen.
Intensität ist nicht automatisch Echtheit.
Lass dich nicht zur Nebenrolle degradieren
Die Drama-Dryade neigt dazu, Menschen um sich zu scharen – nicht für Verbindung, sondern für Wirkung.
Sobald du merkst, dass du nur noch das Echo ihrer Inszenierung bist, tritt einen Schritt zurück.
Du bist kein Souffleur im emotionalen Ein-Frau-Stück.
Lass dich nicht emotional erpressen
Tränen, Rückzüge, stille Vorwürfe – all das kann dazu führen, dass du dich verantwortlich fühlst.
Doch du bist nicht für das emotionale Gleichgewicht anderer zuständig – nur für dein eigenes.
Schuldgefühle sind kein Liebesbeweis.
Verlasse das Stück, bevor es dich frisst
Manche Dynamiken kann man nicht heilen.
Du darfst gehen – leise, bestimmt, würdevoll.
Kein Schlussapplaus, kein Streit. Nur Stille. Und dann: Freiheit.
Drama ist wie ein schwarzes Tuch: Man kann sich darin hüllen – oder strangulieren.
-Manche Pflanzen brauchen Licht.
Drama-Dryaden wachsen im Schatten – und reißen alles mit, was Wurzeln schlägt.-