Eine Szene, eine Region

Die Szene damals vs. heute – Ein Blick auf Wandel und Kontinuität

Lesedauer 3 Minuten

Die Schwarze Szene hat sich im Laufe der Jahrzehnte stark verändert – das wurde im Thread „Die Szene damals vs. heute“ sehr deutlich. Die Teilnehmenden tauschten Erinnerungen aus und verglichen, wie die Szene sich entwickelt hat. Dabei traten viele nostalgische Momente, aber auch kritische Reflexionen über den aktuellen Zustand der Szene zutage.

Die DIY-Mentalität – Früher allgegenwärtig, heute seltener

Ein zentrales Thema war der Vergleich der Do-It-Yourself (DIY)-Mentalität. Früher war es üblich, seine Kleidung selbst anzupassen oder zu kreieren. Man verbrachte Stunden damit, Accessoires zu basteln, Outfits individuell zu gestalten und sich für Partys fertigzumachen. Haarspray, Kreppeisen und Toupierkämme gehörten zur Standardausrüstung. Diese kreative Auseinandersetzung mit dem eigenen Stil verlieh der Szene eine besondere Einzigartigkeit und Individualität. Heute scheint dieser DIY-Geist etwas zurückzutreten. Fertige Outfits von bekannten Gothic-Marken oder Mode, die einfach nur „szenetauglich“ ist, dominieren oft das Bild. Einige Teilnehmer bemerkten, dass diese Veränderung dazu geführt hat, dass der mystische, geheimnisvolle Aspekt der Szene verblasst ist.

Der Einfluss der sozialen Medien

Ein großes Thema in der Diskussion war der Einfluss von Plattformen wie TikTok und Instagram. Diese Plattformen tragen dazu bei, dass Gothic-Ästhetik heute für viele zu einem „catchy Lifestyle“ geworden ist, der hauptsächlich auf Äußerlichkeiten basiert. TikTok-Gothics sind ein Phänomen, das einige langjährige Szenemitglieder kritisch betrachten, weil viele von ihnen keinen tieferen Bezug zur Musik oder der Philosophie der Szene haben. Die Ästhetik wird hier oft in den Vordergrund gestellt, während die persönlichen Interessen an Literatur, Kunst und Musik, die für die Szene früher zentral waren, in den Hintergrund treten.

Das war in den 80ern und 90ern anders. Damals zählte nicht nur das äußere Erscheinungsbild, sondern auch die persönliche Auseinandersetzung mit Themen wie Tod, Vergänglichkeit, Melancholie und Einsamkeit. Die Musik, Filme und Bücher, die damals eine wichtige Rolle spielten, boten eine Plattform für tiefgründige, philosophische Gespräche. Ein Teilnehmer bemerkte, dass die Szene damals „über etwas stehen wollte“, was für Individualität und Offenheit gegenüber dem Neuen stand – ein Kontrast zu der oft oberflächlich wirkenden Szene, die heute in den sozialen Medien dargestellt wird.

Die Erweiterung der Szene durch neue Genres

Früher umfasste die Schwarze Szene nur wenige musikalische Subgenres, wie Gothic Rock, Post-Punk oder Darkwave. Doch mit der Zeit hat sich die Szene diversifiziert und neue Subgenres wie EBM, Industrial und Futurepop integriert. Auch das Mittelalter- und Metal-Element hat Einzug in die Szene gehalten, was früher undenkbar gewesen wäre. Heute sieht man auf Festivals wie dem M’era Luna eine bunte Mischung aus Gothic, Metal und Mittelalter-Fans, die friedlich koexistieren. Diese Diversität hat die Szene größer, aber auch zerstreuter gemacht. Während dies einerseits als Bereicherung empfunden wird, klangen auch kritische Stimmen an, die bemängelten, dass die enge, fast familiäre Atmosphäre der frühen Tage verloren gegangen ist.

Wochenend-Gothics und der Verlust des Alltagsbezuges

Früher war es für viele Mitglieder der Schwarzen Szene üblich, ihren Stil und ihre Einstellung auch im Alltag zu leben. Schwarz getragene Kleidung, auffällige Frisuren und ein rebellisches Lebensgefühl waren nicht nur etwas für den Abend oder für Festivals, sondern fest im Alltag integriert. Heute jedoch, so wurde in der Diskussion angemerkt, gibt es viele „Wochenend-Gothics“, die ihren alternativen Lebensstil nur zu bestimmten Anlässen ausleben. Dieser Trend, das Gothic-Dasein nur noch als Wochenend Event zu zelebrieren, wurde von manchen als Verlust der Authentizität gesehen. Ein Teilnehmer drückte es humorvoll aus: „Ich bin auch maximal Wochenendgrufti. Wenn überhaupt.“

Die Szene bleibt lebendig – Aber anders

Obwohl viele nostalgisch auf die Anfänge der Szene zurückblicken und den Verlust bestimmter Elemente bedauern, herrschte Konsens darüber, dass die Schwarze Szene nicht tot ist. Tatsächlich scheint sie größer und vielfältiger zu sein als je zuvor. Ein Teilnehmer bemerkte, dass die Szene in Clubs heute genauso gut besucht ist wie früher, und dass die Idee, die Szene würde schrumpfen, eher ein subjektives Empfinden sei.

Was sich jedoch geändert hat, ist die Art und Weise, wie die Szene gelebt wird. Die ursprüngliche Magie, die viele in den frühen Tagen der Szene gefühlt haben, scheint für einige verloren gegangen zu sein. Die Offenheit der Szene gegenüber neuen Einflüssen, der Verlust der Exklusivität und das Fehlen tiefgründigerer Gespräche auf Partys wurden als Anzeichen dafür gesehen, dass die Szene sich zwar weiterentwickelt, aber auch verändert hat. Doch trotz dieser Veränderungen bleibt die Schwarze Szene ein wichtiger Rückzugsort für Individualisten und Außenseiter, die sich abseits des Mainstreams verwirklichen wollen.

Die Schwarze Szene hat sich über die Jahrzehnte stark gewandelt. Was früher eine kleine, familiäre Gemeinschaft war, ist heute eine vielfältige, große Szene, die sich durch neue Genres und Einflüsse auszeichnet. Die Bedeutung von DIY, die Auseinandersetzung mit tiefgründigen Themen und die Mystik der Szene haben sich durch den Einfluss der sozialen Medien verändert. Doch auch wenn der Stil und die Art des Daseins sich weiterentwickelt haben, bleibt die Schwarze Szene für viele ein wichtiger Teil ihrer Identität – auch wenn sie heute vielleicht nur noch an den Wochenenden gelebt wird.

Früher war alles besser. Oder doch nicht? Im Artikel "Die Szene damals vs. heute – Ein Blick auf Wandel und Kontinuität" wird genau dieser nostalgische Gedanke hinterfragt. Auf dem NRW Noir Discord Server diskutierten die Mitglieder im Rahmen des Wochenthemas über die Veränderungen der Schwarzen Szene im Laufe der Jahrzehnte. DIY-Mentalität, der Einfluss sozialer Medien und neue musikalische Genres wurden genauso beleuchtet wie die Frage, ob der mystische Charme der Szene von früher heute noch existiert. Was ist geblieben, was hat sich verändert, und was bedeutet das für die Szene von heute? Auf dem NRW Noir Discord Server widmen wir uns regelmäßig einem Wochenthema, das spannende Diskussionen und tiefgründigen Austausch rund um die Schwarze Szene ermöglicht. Jede Woche greifen wir ein neues Thema auf, das von den Mitglieder:innen selbst eingebracht oder von den Moderator:innen vorgeschlagen wird. Ziel ist es, verschiedene Perspektiven zu beleuchten, Erfahrungen zu teilen und neue Impulse zu setzen – sei es zu Musik, Mode, Kultur oder persönlichen Erlebnissen. Wir laden alle herzlich ein, sich an den Diskussionen zu beteiligen, ihre Meinungen einzubringen und gemeinsam die Vielfalt der Szene zu erkunden. Dein Beitrag zählt!